Dr. Axel Kreutzer pendelt zwischen Schule und Musicalbühne

Im Alltag ist Dr. Axel Kreutzer Leiter der Paul Moor Schule in Bersenbrück. In seiner Freizeit schlüpft er in die Rolle von Pater Joe und tanzt mit bei Deutschlands größtem Inklusionsmusical Grand Hotel Vegas. Seine Karriere als Musicaldarsteller ist unmittelbar verbunden mit seinem Job als Lehrer an der Tagesbildungsstätte für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“.

„Schulische Förderung hört für mich nicht mit dem Verlassen des Schulhofes auf. Wir suchen immer wieder außerschulische Lernangebote, die unsere Arbeit unterstützen. Eines davon haben wir vor mehr als zehn Jahren in Kooperation mit der Patsy und Michael Hull Foundation gefunden“, blickt er zurück. Seitdem tanzen, singen und spielen Schülerinnen und Schüler der Paul Moor Schule mit in den inklusiven Musicals des gemeinnützigen Vereins aus Osnabrück. Im Herbst 2015 schon zum fünften Mal. Aktuell sind 15 Jugendliche regelmäßig mit großer Begeisterung dabei.

Jedes Training ist ein Spagat zwischen Überforderung und Unterforderung. Da treffen Profis auf Laien. Und das Einzigartige des Projektes ist, dass es Menschen mit Behinderung aus allen sieben Förderschwerpunkten zusammenbringt: Geistige Entwicklung, Lernen, körperlich-motorische Beeinträchtigung, Sehen, Sprache, Hören und Sozial-Emotionale Entwicklung. Dabei geht es immer darum, alle zu fordern ohne Einzelne zu überfordern. „Patsy Hull-Krogull schafft das in einmaliger Art und Weise“, lobt Dr. Kreutzer. Schulen oder auch andere Inklusionsprojekte sind in den allermeisten Fällen auf einzelne Förderschwerpunkte spezialisiert. Beim Musicalprojekt der Patsy und Michael Hull Foundation tanzen Menschen mit Behinderung aller sieben Kategorien mit. „Das ist einzigartig, und das allerbeste: Es funktioniert“, so Kreutzer.

Als Lehrer steht er seinen Schülern natürlich in nichts nach. „Mein Schwerpunkt ist Sport und Inklusion. Immer mit dem Ziel, Sportarten für Menschen mit Behinderung zu öffnen und das Training sowohl didaktisch als auch methodisch aufzuarbeiten“, erklärt er: „Wie kann ich da glaubwürdig sein, wenn ich nicht selbst mitmache?“

Unlängst wurde er übrigens gefragt, ob er lieber Lehrer oder der Elvis Imitator Pater Joe sei? Seine Antwort: „Das ist ganz einfach. Bis zum Feierabend bin ich lieber Lehrer und am Wochenende Pater Joe.“

 

3 Fragen an Dr. Axel Kreutzer

Was leistet das Musical, was Schule nicht schaffen kann?

Dass alle zusammen agieren und etwas produzieren. Patsy arbeitet zudem mit einem Tandemmodell. Ein gesunder Mensch tanzt immer mit einem Menschen mit Behinderung. Aber entscheidend ist, dass einfach alle gleich behandelt werden. Man kann die Arbeit von Patsy gar nicht positiv genug bewerten.

Mit welchem Ergebnis?

Ich sehe da vor allem zwei entscheidende Bausteine. Der eine ist die Persönlichkeitsentwicklung. Der zweite das soziale Lernen. Und damit meine ich vor allem das, was hinter der Bühne stattfindet. Jeder hilft jedem. Die Menschen mit Handicap zeigen absolute Hingabe für ein Projekt und gewinnen mit jedem Training neues Selbstvertrauen. Alles das nehmen sie nicht nur mit auf die Musicalbühne, sondern ebenso in den Alltag. Einer unserer Schüler hat zum Beispiel nach dem Schulabschluss seinen Lkw-Führerschein gemacht und arbeitet heute als Fahrer bei einem großen Unternehmen in Espelkamp. Ein Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung beginnt im Sommer seine Arbeit in einer Tierarztpraxis.

Was kann das Projekt nachhaltig erreichen?

Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht. Die Patsy und Michael Hull Foundation kann nicht vermitteln. Das können nur Arbeitsagenturen, Jobcenter und andere Fachleute. Wir können aber zeigen, was Menschen mit Behinderung über einen langen Zeitraum zu leisten imstande sind. Und auf den inklusiven Jobmessen, die wie das Musical Teil des Projektes sind, wollen wir diese Menschen und Unternehmen auf Augenhöhe zusammenbringen. Das Projekt ist auch für Unternehmen eine Plattform, um einzigartige Eindrücke und Kontakte zu sammeln. Wir wünschen uns, dass viele Unternehmen diese Chance nutzen.