Drei Monate sind zwischen der Premiere in Essen und dem Finale in Berlin vergangen. Drei Monate, in denen viel passiert ist. Insgesamt zwölf Mal, rechnet man die Schülervorstellungen mit, stand das Ensemble von Grand Hotel Vegas auf der Bühne. Mehr als 30 Tanzschulen aus Osnabrück, Lübbecke, Emsdetten, Essen, Frankfurt, Stuttgart, Bremen, Hamburg, Augsburg, Magdeburg, Berlin und Dresden haben ein weithin sichtbares Zeichen für Inklusion gesetzt, annähernd 1.000 Menschen mit und ohne Behinderung auf den Bühnen gestanden und rund 11.000 Menschen begeistert applaudiert. „Wir haben gesehen, dass man mit persönlichem Engagement viel bewegen kann“, freut sich Michael Hull als Vorsitzender der Foundation.
Die Ergebnisse dieses einzigartigen Projektes werden im Januar in Berlin präsentiert. Dann referieren Darsteller, Experten, Projekt-Verantwortliche so wie auch Politiker darüber, wie das bundesweite Projekt auf Inklusion in Deutschland Einfluss nimmt und welche Erfahrungen Beteiligte auf und neben der Bühne gemacht haben.
Beeindruckende Erlebnisse auf und hinter der Bühne
Soweit die Fakten. Mindestens genauso beeindruckend sind die vielen Stunden, die Menschen mit und ohne Behinderung in dieses einzigartige Projekt – gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales – eingebracht haben. Zwei Jahre lang haben sie bis auf wenige Ausnahmen jeden Samstag und Sonntag ab 8 Uhr trainiert. Deutlich mehr als 100 Mal hat der Wecker also in den vergangenen 24 Monaten allein für Grand Hotel Vegas geklingelt.
Viele tolle Erlebnisse, Highlights auf und hinter der Bühne waren es wert: Zweimal schickte das Bundespresseamt einen Reporter. Bis heute haben allein rund 55.000 Menschen die daraus entstandenen Filme und dazugehörigen Berichte auf der Facebook-Seite der Bundesregierung geklickt. Die Darsteller sind an ihre Grenzen gegangen und immer mal wieder auch darüber hinaus. Als es zum Beispiel darum ging, als Rollifahrer die steile Treppe zum Balkon auf der Bühne zu erklimmen. Und auch bei der Organisation galt es, so manche Hürde zu nehmen. Das ging schon bei der Suche nach den Hallen los, die ebenso repräsentativ wie barrierefrei sein sollten. Und wenn sie das einmal nicht waren, musste eben mit viel Einsatz, Flexibilität und Kreativität eine Lösung gefunden werden. Da wurde auch schon einmal die komplette erste Stuhlreihe ausgebaut, um allen Rollstuhlfahrern Zugang zu verschaffen oder eine ganze Gruppe Gehörloser auf die andere Seite der Halle umzusetzen, damit sie die großartigen Gebärdensprachendolmetscher Thorsten Rose und Simon Deimel besser sehen konnten. „Es war einfach ein wunderschönes Miteinander“, betont Initiatorin und Choreographin Patsy Hull-Krogull.
Staatssekretärin besucht Aufführung im Tempodrom Berlin
Besonders erfreut zeigte sich die Patsy & Michael Hull Foundation, dass beim Finale in Berlin in der vergangenen Woche neben Schauspieler Frank Kessler und Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler auch Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller (Foto, 3.v.r.) im Tempodrom zu Gast war. Sie nahm viele gute Erinnerungen mit ins Bundesministerium für Arbeit und Soziales, inklusive der Gewissheit, dass die Förderung ihr Ziel nicht verfehlt hat. Die Darsteller haben durch das Projekt neues Selbstvertrauen gewonnen, sind über sich hinausgewachsen und haben nicht zuletzt gezeigt, wie Inklusion gelingt. Einziger Wehrmutstropfen: Die geplanten Jobmessen zum Thema Inklusion am Arbeitsmarkt wurden nicht wie erhofft angenommen. Nur wenige Unternehmen unter den insgesamt rund 30 Ausstellern bei vier „Märkten der Möglichkeit: Inklusion“ nutzten die Gelegenheit, sich und ihre speziellen inklusiven Ausbildungsangebote, Jobs und Praktika zu präsentieren.
„Eigentlich geht es in vielen Städten jetzt erst richtig los“, so Patsy Hull-Krogull. Denn nachdem es nicht immer ganz einfach war, die Beteiligten in den Städten zu motivieren, gibt es inzwischen einige Tanzschulen, die ihr inklusives Tanzangebot fortsetzen. Darüber hinaus sind Netzwerke entstanden und Arbeitgeber aufmerksam geworden.
Doch noch einmal zurück auf die Bühne: „Unsere Darsteller waren einfach toll“, freut sich Choreograph Guido Niermann, der das Stück geschrieben hat. „Wir hatten Glück und das scheinbar richtige Händchen bei der Besetzung der Rollen. Jeder, ob Schauspieler oder Tänzer, war total motiviert und hat seine Rolle gelebt – immer mit der richtigen Menge Emotionen.“ Oftmals waren gerade die Menschen mit Behinderung so überzeugend, dass man kaum einen Unterschied auf der Bühne gesehen hat.
Das Publikum hat es gedankt. Fast überall war es zunächst etwas zurückhaltend, am Ende dann aber hat kaum noch jemand auf seinem Sitz gesessen. Es gab Standing Ovations bei jeder Aufführung. Und hinter der Bühne? Dort wäre das alles nicht möglich gewesen, wenn nicht so viele engagierte Eltern und Helfer so tatkräftig geholfen hätten, schickt Patsy Hull-Krogull ein riesiges Dankeschön hinter den Vorhang des Grand Hotel Vegas.
Wie geht es weiter?
Im Januar 2016 findet der Abschlusskongress zum Projekt „Durch Tanz und Bewegung zum Arbeitsplatz“ in Berlin statt. Grand Hotel Vegas war ein Teil dieses bundesweit einzigartigen Inklusionsprojektes und will auch weiter etwas bewegen. Aktuell gibt es erste lose Anfragen aus Hannover und Köln sowie aus Österreich, den Niederlanden und Polen.